Direkt zum Hauptbereich

Das Scheunenprinzip

Heute habe ich erfahren, dass unsere Kirche nach Scheunenprinzip errichtet wurde. Derjenige, der mir das berichtet hat, war kein Geringerer als Pastor Gerhard Mörchel, der erste Pastor, der hier auf Helgoland nach der Wiederfreigabe der Insel seinen Dienst verrichtet hat. Und der Pastor, unter dessen Obhut unsere Kirche gebaut wurde.

Pastor Mörchel hatte heute unseren Gedenkgottesdienst besucht. Und hier muss ich jetzt ein bisschen weiter ausholen, denn unser "Erstkontakt" war etwas, naja, seltsam. Pastor Mörchel hat mich nämlich völlig auf dem falschen Fuß erwischt, als er sich mir kurz vor Gottesdienstbeginn mit den Worten vorstellte: "Ich bin einer Ihrer Amtsvorgänger. Von 1956 bis 1968."
Mehr sagte er nicht. Wenn ich nicht in Gedanken schon mitten im Gottesdienstablauf gewesen wäre, dann hätte ich vermutlich gleich geschaltet. So aber war ich fieberhaft am Überlegen, wer zum Geier hier von 1956 bis 1968 Pastor gewesen sein könnte. Pastor Mörchel brachte ich irgendwie mit 1952 in Verbindung. Erster Pastor nach der Wiederfreigabe eben. Und Wiederfreigabe war 1952. Bin gar nicht auf die Idee gekommen, dass es hier in den ersten Jahren des Wiederaufbaus noch gar keinen Pastor gab. Und dass ich es mit den Zahlen nicht so habe, wissen wir ja auch alle. Also war die große Frage: War das jetzt eben Pastor Mörchel oder nicht? Und ja: Ich bin tatsächlich noch schnell rübergeflitzt in mein Büro, um über das "Mörchel-Buch" zu verifizieren, wen ich da vor mir gehabt hatte. Tatsächlich: Das war Pastor Mörchel! Amtsantritt auf Helgoland im Jahre des Herrn 1956.

Nach dem Gottesdienst haben wir noch nett bei einer Tasse Kaffee zusammengesessen und uns natürlich auch über den Bau der Kirche unterhalten. Ich wusste bereits, dass die Helgoländer damals gerne wieder eine Kirche gehabt hätten, die aussah wie die Vorkriegskirche. Nicht nur weil diese sehr prunkvoll war, sondern auch weil sie durch die Bauweise Wind und Wetter gut standhalten konnte. Fast "unkaputtbar" sozusagen. Bei den zuständigen Stellen auf dem Festland war man allerdings anderer Meinung. Etwas Schlichtes sollte her. Ist ja auch an sich nicht schlecht, wenn denn da nicht nach "Scheunenprinzip" gebaut worden wäre, wie mein Amstvorgänger sich ausdrückte. Scheunenprinzip bedeutet: Sieht aus wie eine Scheune und ist aus Brettern gemacht wie eine Scheune - die einem dann bei Sturm um die Ohren fliegen! Und so ist es dann ja auch zehn Jahre nach "Inbetriebnahme" der Kirche gekommen. Die ganz Südwand fiel zusammen, weil die nur aus Holz bestand und Wind und Wetter NICHT standgehalten hatte. 

Tja und auch heute noch versuchen wir, den "Festländern" klarzumachen, dass es gaaaaaanz wichtig ist, bei Baumaßnahmen die Lage der Insel weit, weit draußen in der Nordsee zu berücksichtigen. So eine Kirche auf Helgoland muss schon einiges aushalten können! Hier muss eigentlich alles so einiges aushalten können! Wir wissen das, weil wir hier leben. Und wir wissen das, weil es Menschen wie Pastor Mörchel gibt, die schon ihr Maß an Erfahrungen mit dem Scheunenprinzip gemacht haben und zu der ganz wichtigen Erkenntnis gekommen sind: Das Scheunenprinzip funktioniert hier nicht!


---------------------------------------------------------------------------------
Mein "Mörchel-Buch", verfasst von Pastor Gerhard Mörchel:


Und seit heute sogar mit persönlicher Widmung:


Vielen Dank Pastor Mörchel für ein wunderbares Gespräch!


Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Segen zum Muttertag

An alle Mütter und Menschen, die mütterliche Dienste an anderen tun: Gesegnet sei Eure Liebe, gesegnet sei eure Zärtlichkeit gesegnet seien eure mahnenden Worte, die so of wegweisend sind. Gesegnet seien eure tröstenden Worte, die so oft Not wendend und heilsam sind. Gesegnet sei so manch unbeachtete und ungeachtete Arbeit. Gesegnet sei aber auch euer Ausruhen. Gesegnet euer „Nein“, wenn so manch Gefordertes zu eurem Schaden wird. Gott schenke euch im Hier und Jetzt Heilige Orte und Zeiten, da, wo du sein kannst und neu Kraft schöpfst, da wo du geliebt bist, da wo ein Dankeschön aufblüht für alles Liebe, für alle Geduld, für manchen durchlittenen Schmerz. Gesegnet seid ihr Mütter und mütterlichen Menschen und all eure Lieben.

Meine Konfirmanden sind Streber

Ob sie das von ihrer Pastorin haben? Meine Konfis können das Vaterunser nach drei Wochen Konfirmandenunterricht auswendig. Psalm 23 kommt so nach vier Monaten von ganz alleine. Aber das Größte ist ja immer für mich der Gottesdienst: Ich weise die Gottesdienstbesucher gerne darauf hin, dass das Glaubensbekenntnis hinten im Gesangbuch abgedruckt ist (letzte Seite), denn nicht jeder kann das auswendig. Ich könnte mich immer beömmeln, wenn ganz viele Leute hektisch in den Gesangbüchern blättern, während meine Konfis ihre demonstrativ zuklappen und beiseitelegen. (Hab' ich, glaube ich, schonmal erzählt, aber macht ja nix. Doppelt hält besser.) Der Jahrgang, den ich dieses Jahr konfirmiert habe, hat den Vogel abgeschossen: Die hatten nach einem knappen Jahr alle(!) erforderlichen Gottesdienste für die ganze Konfirmandenzeit "abgearbeitet" (15 pro Jahr, also in diesem Fall schon alle 30, plus diverse Küsterdienste und Lesungen im Gottesdienst). Und sie kamen trotzdem noch weiter

Packliste für einen Aktivurlaub auf Korsika

Unser Urlaub ist zwar noch ein bisschen hin, aber ich bin schon fleißig dabei, Informationen zu sammeln. Auf Pinterest. Dazu wollte ich dann auch meine unter "Notizen" erstellte Packliste bei Pinterest hochladen. Und: Ich bin zu blöd dazu! Also nutze ich jetzt den Umweg über meinen Blog, um das zu bewerkstelligen. Glaubt also bloß nicht, ich würde das jetzt hier aus reiner Menschenfreundlichkeit tun, damit ihr alle es leichter habt mit dem Kofferpacken. 😉 ( Bei dieser Wanderung ins Tal der Tartagine hatte jeder von uns einen Liter Eistee mit: Viiiiiiiiel zu wenig für eine mehrstündige Wanderung bei über 30°C!!! Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so viel Durst gehabt wie auf dieser Tour. Nehmt also unbedingt ausreichend Getränke mit. ) Packliste Korsika Sommer Reisezeit: 3 Wochen Wanderausrüstung:  Wanderschuhe / Bergstiefel (für alpines Gelände), Wandersocken (1Paar /Wo.), Berghose / leichte Wanderhose, Funktionsunterwäsche, Funktionsshirt, Fleecejacke, Reg