Ich hab' wirklich gedacht, am Sonntagmorgen zu verschlafen, sei das Schlimmste, was einem Pastor passieren kann. Das habe ich selbst auch schon durchgemacht. Bei der Uhrumstellung nämlich. Ich hatte vergessen, die Uhr eine Stunde vorzustellen, auf Sommerzeit. Jedenfalls stellte ich kurz nach dem Aufstehen fest, durch entsprechenden Uhrzeithinweis aus dem Radio, dass in 20 Minuten der Gottesdienst anfangen würde. Ich bin gerade noch an einem akuten Herzversagen vorbeigekommen! Sowas ist wirklich nicht witzig. Gleich als nächstes auf der Liste der pastoralen Schreckensszenarien steht die vergessene Predigt. Wobei ich das wohl irgendwie noch auf die Reihe kriegen würde. Mir fällt ja immer irgendwas ein, was ich erzählen kann. Aber ein Rohrbruch in der Kirche 45 Minuten vor Gottesdienstbeginn toppt alles!
Herr G., Herr K. (der sich in diesem Fall mal selbst zu Küsterarbeiten verdonnert hatte) und ich waren gerade gemütlich dabei, die Restdeko vom Weltgebetstag aus der Kirche zu räumen, als Herr G. die Tür zum Kirchenkeller aufschloss.
Wir hörten nur, wie er sagte: Hier unten ist aber eine Waschküche!
Ich: Hä?
Er: Ja, Waschküche.
Ich: Wieso Waschküche?
Er: Komm mal runter und sieh es dir an. Hier dampft alles.
Also bin ich pflichtschuldigst runter in den Keller und konnte erstmal gar nix sehen. Wegen Waschküche. Da mir schon Schlimmes schwante, habe ich mich bis zum Heizungsraum vorgetastet, aber sehen konnte ich da auch nix. Da war nicht nur Waschküche sondern auch unterirdische Finsternis. Das Licht ging nicht. Aber hören konnte ich dafür umso besser: das Zischen aus dem, wie ich vermutete, Heizungsrohr. Also erstmal schnurstracks Herrn H. angerufen und aus seinem wohlverdienten Sonntagsausschlaf geholt. Mit ihm kam auch das Licht und wir konnten das ganze Ausmaß der Katastrophe erkennen: der halbe Kirchenkeller stand unter Wasser. Also auspumpen. Aber: Die Pumpe ist laut. Sehr laut! Lauter als Orgel und Mikrofon!
Da half nur eins: Der Gottesdienst musste ganz schnell ins Gemeindehaus verlegt werden. Eine Konfirmandin bekam den Auftrag, die Gottesdienstbesucher an der Kirchentür abzufangen und zum Gemeindehaus umzuleiten. Wir anderen packten das Nötigste zusammen: Gesangbücher, zwei Kerzen, Gottesdienstbuch und Lesepult. Dieses Mal reichte eine Handkarrenfuhre für den Umzug. Ich organisierte noch schnell ein Bettlaken, das als provisorisches Altartuch fungieren sollte und dann wurde der Saal im Gemeindehaus hergerichtet. Frau V. hatte sogar in letzter Minute daran gedacht, die Blumen aus der Kirche mitzunehmen. Es sah fast liturgisch wertvoll aus. Wären da nicht noch die Tische vom Seniorenkaffee kreuz und quer über den Saal verteilt gewesen. Die sahen liturgisch nicht ganz so wertvoll aus. Aber um die wegzuräumen, fehlte uns echt die Zeit.
Ich habe zwischendurch noch über eine andere Möglichkeit nachgedacht: Wir hätten natürlich ganz spontan einen Saunamorgen veranstalten können. Besonderes Highlight: Dampfbad in der Kirchengrotte. Aber das wäre liturgisch überhaupt nicht wertvoll gewesen, also haben wir das gelassen.
Jedenfalls hatte die ganze Angelegenheit auch was Gutes:
Wir hatten einen schönen Gottesdienst, was beweist, dass Team Kirche auch unter Stress gut arbeitet.
Ich hatte nach dem Gottesdienst genügend Leute da, die sowieso schon volle Kraft im Helfermodus liefen und die ich mal eben zum Wegräumen der Tische einspannen konnte.
Und: Wir waren schon im Gemeindehaus und hatten es daher nicht mehr so weit zum anschließenden Kirchenkaffee.
Beim Kaffeetrinken waren dann auch alle ganz entspannt. Wir konnten sogar wieder herzhaft lachen. Besonders über den Spruch von Herrn K.: Bei der Orgel klemmt eine Taste, aber ich glaube, das liegt am Wetter.
Den Wetterspruch finde ich richtig klasse. Den werde ich mir merken, denn er passt in allen Lebenslagen: In der Kirche ist ein Rohr geplatzt, aber ich glaube, das liegt am Wetter.
Liebe Pam, es braucht keine Kirche, jeder andere Ort tut es auch, denn "Wo zwei oder drei sich in meinem Namen versammeln, ..."
AntwortenLöschenLG auf die Insel
Weiß ich doch Hartmut! Ich bin da auch ganz entspannt. Ich bin nur nicht mehr ganz so entspannt, wenn ich furchtbar hektisch umziehen muss ;-) LG zurück!
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