Ich muss gestehen, dass ich doch etwas nervös war, und mich gefragt habe, wie eine Salbung und Segnung im Gottesdienst wohl aufgenommen wird. Die Reaktionen im Vorwege waren da ganz unterschiedlich. Von "So einen Quatsch brauchen wir nicht!" über "Könnte ja ganz nett sein." bis hin zu "Klasse Idee!" war alles dabei. Ich gebe zu, dass ich hier mal wieder durch meine USA- Erfahrungen geprägt bin. Wenn in meiner dortigen Gemeinde Abendmahl gefeiert wurde, gab es neben Brot und Wein auch eine zusätzliche "Station" mit Salböl. Der Heilungssegen im Gottesdienst war dort so normal wie das Amen in der Kirche ;-)
Drauf gekommen bin ich durch meine seelsorgerliche Arbeit. Ich habe festgestellt, dass das Bedürfnis nach Zuspruch sehr groß ist. Nun sind wir Menschen ja alle unterschiedlich gestrickt. Den einen reicht es, wenn sie die Zuwendung und heilende Kraft Gottes durch Gebet oder Bibelverse mitgeteilt bekommen. Andere können mit einem sichtbaren (fühlbaren!) Zeichen mehr anfangen. Meine Erfahrungen aus der Seelsorge haben das bestätigt. Damit war die Idee in meinem Kopf: Heilungsgottesdienst. Die Frage war nur: In welcher Form? Und: Wie bringe ich das meinen Schäfchen bei???
Ich weiß doch, dass wir verkopften Westeuropäer manchmal so unsere Schwierigkeiten haben, wenn es um das Thema "Heilung" in der Kirche geht. Da kommen einem ganz schnell Bilder von dramatischen Exorzismen in den Kopf oder wir befürchten, dass während eines solchen Gottesdienstes Leute plötzlich aufspringen und "Lobet den Herrn! Ich bin geheilt" rufen.
Liebe Leserin und lieber Leser, ich kann dir versichern, dass gestern nichts dergleichen passiert ist. Weder haben wir Dämonen in Form eines Exorzismus ausgetrieben, noch hat es erweckte Gottesdienstbesucher gegeben, die eine Wunderheilung erlebt haben. Wobei ich solche Wunderheilungen prinzipiell nicht für unmöglich halte. Schließlich glaube ich an einen allmächtigen Gott! Und trotzdem: Wenn es um körperliche und bestimmte seelische Gebrechen geht, überlasse ich die Sache mit der Heilung doch lieber einem fähigen Arzt.
Es ging gestern jedenfalls alles sehr ruhig, und ja: würdig, vonstatten. Nach einer kleinen anfänglichen Unsicherheit kamen fast alle Gottesdienstbesucher nach vorne zum Taufbecken, um sich durch mich salben und segnen zu lassen. Es gab ein Kreuzzeichen mit dem Salböl in beide Handflächen und auf die Stirn und einen Heilungssegen unter Handauflegung. Dazu habe ich leicht abgewandelte Segensworte aus einer Handreichung der Nordkirche verwendet. (Diese Büchlein liegen in unserer Kirche aus, falls jemand mehr zu dem Thema wissen möchte.)
Salbung:
" Ich salbe dich im Namen des Vaters, und des Sohnes, und des Heiligen Geistes."
Segnung:
"Dein Körper, deine Seele und dein Geist haben Gutes und Schlechtes empfangen,
sie haben Gutes und Schlechtes bewirkt.
Gott aber spricht: 'Siehe, ich mache alles neu!'
Geh hin im Frieden des Herrn.
Gott ist mit dir."
Und vielleicht haben wir mit dem Heilungssegen doch unseren Teil dazu beigetragen, dass der eine oder andere (innere) Dämon ausgetrieben werden kann, der gerne die Form von Schuldgefühlen, Ängsten oder Trauer annimmt. Schließlich geht es bei der Heilung ja nicht nur um körperliche Beschwerden sondern um Kraft für Körper, Seele und Geist.
Ein paar Gespräche, die ich nach dem Gottesdienst geführt habe, haben mir bestätigt, dass Salbung und Segung in diesem Gottesdienst gut und wichtig waren und dass es durchaus seine Berechtigung hat, wenn wir Christen unserem biblischen Heilungsauftrag nachkommen und entsprechende Elemente in einen Gottesdienst einbauen. Wer in der Bibel über Heilungsauftrag und -vollmacht nachlesen will, hier sind zwei Beispiele: Markus 6, Verse 7+12f und Jakobus 5, Verse 14f - und lasst euch nicht von den bösen Geistern und Dämonen irritieren ;-)
Ich empfehle hier die Version der BasisBibel, weil diese zu bestimmten Stichwörtern gute Hintergrundinformationen liefert und ich so nicht meine ganze Predigt von gestern ins Netz stellen muss.
Heute wurde ich mehrfach von Leuten angesprochen, denen es gestern nicht möglich war, in die Kirche zu kommen, die aber großes Interesse an der ganzen Heilungs-/Salbungs-/Segnungsgeschichte haben bzw. es bedauerten, nicht dabei gewesen zu sein. Ich bin heute ziemlich oft gefragt worden, ob es denn nochmal solch einen Gottesdienst geben würde. Klare Antwort von meiner Seite: Ja, einmal im Monat, wenn möglich am ersten Sonntag des Monats.
Das Fazit nach meinem ersten Heilungsgottesdienst in einer deutschen Kirchengemeinde: Neugier und Interesse sind um Längen größer als die Skepsis. Also: weitermachen! (Ich hätte sowieso nach dem ersten Mal nicht gleich aufgegeben, auch wenn's ein Fiasko geworden wäre.)
Jetzt muss ich mir nur noch drei krause Gedanken zu den Segensworten machen. Mir kam in den Sinn, dass es einen "Sommersegen" in kürzerer Form geben sollte, wenn hier in den Sommermonaten über 100 Menschen sonntags in den Kirchenbänken sitzen. Nur zum Vergleich: Im Moment bewegen sich die Gottesdienstbesucherzahlen so um die 30. Aber bis hier die Saison wieder losgeht und meine Kirche voller wird, habe ich ja noch ein bisschen Zeit zum Überlegen.
Das Einzige, was in diesem Gottesdienst wirklich schiefgegangen ist, ist die Tatsache, dass die Pastorin beim Heilungssegen vergessen wurde! Hätte ich daran gedacht, mich selbst auch salben und segnen zu lassen, dann wäre ich heute garantiert meine dicke Erkältung los ;-)
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